Eine Überführung ist anstrengend und langweilig. So, oder so ähnlich kann ich es für mich zusammenfassen. Wir waren zu zweit, deswegen wollten wir besonders in der Nacht keine langen Wachen halten müssen. Wir wechselten uns immer nach drei Stunden ab. Wenn man es schafft schnell einzuschlafen, dann kann man fast zwei komplette Schlafzyklen schaffen. Das gelang mir zwar nicht immer, aber ich war dennoch immer einigermaßen ausgeruht, wenn meine Wache begonnen hatte.
Mein Skipper, ich war in der Rolle als Co-Skipper dabei, konnte anfangs unter der Last der Verantwortung nicht richtig entspannen und schlief sehr schlecht. Was nach kurzer Zeit dazu führte, dass er auch mal eine längere Auszeit brauchte.
Tagsüber haben wir nicht immer genau an diesem 3h Rhythmus festgehalten, er hat sich aber als sehr praktikabel erwiesen.
Ebenso muss man aufpassen genügend zu trinken. Da es eher kühl und nachts auch fast kalt war, stellte sich kein besonderer Durst bei mir ein. Ich habe mir dann zu jeder Wache eine Trinkflasche voll Wasser, später halb Cola und halb Wasser gefüllt und darauf geachtet, dass diese am Ende der Wache leer ist. Aber verglichen mit anderen Törns haben wir definitiv zu wenig getrunken.
Am Anfang haben wir uns entsprechend verproviantiert. Auf der Biskaya war auch nicht wirklich an kochen zu denken. Deswegen gab es Wurst, Käse, Brot und Snacks wie Mars, Twix oder Kitkat zwischendurch. Äpfel, Bananen und Tomaten sorgten für etwas Frische.
Ab dem zweiten Tag gab es einmal am Tag etwas warmes. Mein Skipper hatte von einem anderen Törn noch sog. Tactical-Food in diversen Geschmacksrichtungen übrig. Man muss nur kochendes Wasser hinzufügen, etwas umrühren und es kurz stehen lassen. So ab und zu schmeckt das sogar und macht sehr satt. Die berühmte warme Mahlzeit, die wirklich die Lebensgeister weckt und Kraft und in diesem Fall auch Ausdauer zurück bringt.
Später habe ich dann einmal ein Caprese (spanische Fleischtomate und echten Büffel-Mozzarella mit etwas Öl, Essig, Salz und Pfeffer und ein paar Kräutern) zubereitet. Man wird richtig gierig auf etwas Frisches, wenn es immer nur trockenes und kaltes Essen gibt.
Die Stimmung hat es jedenfalls sehr gehoben. Nach drei Tagen war ich auch so an das Geschaukel gewöhnt, dass ich ohne Probleme unten in das Pantry arbeiten konnte. Das nehme ich als Erfahrung definitiv mit, gutes Essen macht gute Stimmung!
Am Ende, als wir den Eigner in Amsterdam aufgenommen haben und auch schon davor kündigten sich bereits Probleme mit dem Motor an. Den Motor sehe ich auch als größte Unbekannte bei einer Überführung.
Das Rigg und das Boot konnten wir beide sehr genau inspizieren. Man entwickelt einen guten Blick für ein Boot und seinen Zustand, wenn man regelmäßig Boote chartert. Der Blick in die Bilge, den Motorraum alle Schapps und unter alle Bodenbretter und Ecken gibt mir das Gefühl, das Boot kennen zu lernen.
In unserem Fall war wohl durch den vorigen Eigner wohl einiges an Wartung in den Motor gesteckt worden. Das Motoröl war sauber und ohne Rückstände, im Diesel konnten wir im Wasserabscheider weder Wasser noch sonstige Rückstände entdecken. Alles schien soweit in Ordnung.
Aber nach einigen Tagen stellte der Motor nach Dauerbelastung immer wieder seinen Dienst ein. Am Schluss, mit dem Eigner an Bord, ging es von der Amsterdam Marina nur noch bis in den Six-Hafen … und kurz nach der Einfahrt, vor dem Anlegen, stand der Motor völlig.
Kein Zeichen von Überhitzung, keine Problem mit der Wasserpumpe oder dem Keilriemen. Aber er stand einfach.
Wir konnten uns an einen Steg retten und das Boot festmachen. Danach haben wir dem Eigner unsere „Mängelliste“ erläutert. Es gab diverse Probleme neben dem Motor, die aber alle einfach abzustellen waren. Nach einem gemeinsamen Abendessen entschieden wir dann auch über Nacht zu bleiben und dem Motor am nächsten Morgen nochmals eine Chance zu geben.
Wir hatten bereits begonnen unsere Rückreise zu planen, direkt neben dem Hauptbahnhof, kurz die Fähre und dann nach Schiphol. Ein gemeinsamer Flug nach Innsbruck und für mich dann der Zug bis Bregenz.
Die Verlegung des Bootes bis nach Lemmer, die unser Auftraggeber in Eigenregie durchführen wollte, kam dann auch nicht mehr zustande. Der Motor konnte nicht mehr gestartet werden. Das Boot über 30 Jahre alt, war eigentlich in einem ordentlichen Zustand, aber der Motor hatte wohl zu viele Betriebsstunden und die Belastung auf unserer Passage tat dann ihr übriges.
Wir haben den Motor natürlich nicht immer laufen lassen. In der Biskaya mit den achterlichen Wellen war das Boot nur steuerbar wenn der Motor ein wenig mitlief. Denn sonst riss immer wieder die Strömung am Ruder ab und der Autopilot stellte seine Arbeit ein. Ebenso war es nötig, immer wieder die Batterien zu laden, denn Autopilot, Radar, Funk, AIS und Nachts die Navigationslichter galt es mit Strom zu versorgen. Deswegen lief der Motor immer wieder, um die Batterien, die wie eingangs beschrieben in sehr schlechtem Zustand waren, zu laden.
Man kann eben von Außen rein gar nichts an einem Motor erkennen. Besonders wenn er äußerlich einigermaßen gepflegt aussieht. Wie gut er allerdings wirklich gewartet wurde, konnte niemand wissen. Bei über 2500 Betriebsstunden werde ich jedenfalls in Zukunft sehr hellhörig werden.