Was sonst noch so war

Nun habe ich über die langen Vorbereitungen geschrieben und auch einiges zur Navigation und über die „seglerischen“ Herausforderungen. Was war denn sonst noch so?

Highlights

Fangen wir mit den Highlights an. Mein Eindruck von Cascais ist sehr gut. Ich bin mit einem Taxi von Lissabon nach Cascais gefahren. Viele Taxis haben das Logo von MyTaxi auf dem Fahrzeug. Also für uns „estrangeiros“ ist es dadurch sehr einfach ein Taxi zu finden. Am Airport geht man einfach zum Taxi-Stand, aber in Cascais haben wir eines gebraucht um vom Jumbo-Supermarkt unsere Einkäufe zur Marina, bis an den Steg bringen zu lassen. Das hat wirklich alles Problemlos funktioniert.

Cascais ist sehr sauber! Ein kleiner Strand ziert den Hafen und die Gebäude sind nicht sehr hoch. In Hafennähe befinden sich außerhalb der Marina schöne Plätze mit Cafés und Restaurants.

Strand von Cascais

Der Supermarkt war sehr gut sortiert. Wie zu Erwarten mit einer riesigen Fisch-Theke. Allerdings hatten wir eine lange Einkaufsliste auf der kein frischer Fisch stand.

In der Marina gab es eine Reihe von Restaurants, die entweder Steak und Fisch, Meeresfrüchte oder auch Pizza und Pasta angeboten haben.

Tintenfisch mit gegrilltem Gemüse

Am Vorabend der Abreise, wir wollten um 06:00 GMT ablegen, war es dann eine Pizza, die neben dem Müsli am Morgen für längere Zeit die letzte feste Nahrung sein sollte.

Zu unserer Abfahrt gesellte sich auch gleich eine Schule Delfine, die uns eine Zeit lang begleiteten. Eigentlich ein gutes Omen.

Ebenso gut war die Versorgung mit mobilem Internet und auch WiFI in der Marina. Die letzten GRIB-Files vor der Abfahrt haben uns im weiteren ja gute Dienste geleistet. Dank EU kann jeder sein Datenvolumen und seinen normalen Telefontarif nutzen. Nachdem wir uns allerdings mehr als 15 sm vom Festland entfernt hatten, war dann auch kein mobiles Netz mehr verfügbar. Endlich keine Mails mehr, der Urlaub beginnt. Und wenn man sein Smartphone dann in den Flugmodus versetzt, es nicht ständig mit Push-Nachrichten und Mails versorgt wird, dann hält so ein Akku locker eine Woche.

Außerdem haben wir einzelne Wale gesichtet. Leider immer nur ganz kurz. Die Delfine fallen eher auf, da sie als Schule deutlicher Auffallen. Und nachts, wenn einen so ein kleiner Geselle dann begleitet und direkt neben dem Cockpit laut Luft holt, dann kann man schon mal etwas erschrecken.

Im weiteren Verlauf konnten wir dann in den Nächten auch Bio-Luminiszenz (Meeresleuchten) im Wasser beobachten. Die Welle und das Kielwasser leuchteten deutlich auf. Ebenso sah man das bei den vorbei schwimmenden Delfinen ganz deutlich unter Wasser.

Der Sternenhimmel, das Highlight im wörtlichen Sinne, war wieder besonders faszinierend. Immer wenn ich weit weg von der Zivilisation, ohne Lichtverschmutzung, unterwegs bin, dann erschlägt mich der Eindruck der Milchstraße jedes mal aufs neue. Ein breites leuchtendes Band erstreckt sich über das Firmament. Und wenn man dann den gedanklichen Spagat schafft unser Sonnensystem in diesem Spiralarm der Galaxie zu verorten, dann scheint die lächerliche Distanz vom Festland bis zu den Azoren viel weniger zu sein, als ein „Mückenschiss“ im Weltraum.
Der große Wagen weist den Weg zum Polarstern, der kurioserweise immer genau im Nordrichtung mit unserem Kompass überein stimmt. Mit Jeffrey, der u.A. Kosmologie in seinem Physikstudium belegt hat, fachsimple ich dann während der Wache über das Hubble Ultra Deep Field, ein Abbild des Universums, bei dem das Licht der entferntesten Galaxien ca. 13 Milliarden Jahre unterwegs war. Man blickt also in die Frühzeit des Universums und sieht Galaxien, die „kurz“ nach dem dunklen Zeitalter entstanden sind. Ob wir jemals in diese Tiefen des Raums vordringen werden? Who knows ….

Die Azoreninseln an sich sollen hier ebenso genannt werden. Die leckeren Fischgerichte, der lokale Wein, die frischen Früchte, allen voran die Azoren-Ananas, und vieles mehr. Auch als Urlaubsinsel taugen die Azoren. Es fehlen ihnen die Strände, deswegen wird der ultimativ tödliche Touristenstrom mit Badegästen hoffentlich nie hier ankommen. Das Klima ist ausgeglichen durch den Atlantik, die Insel ist extrem fruchtbar und der ganz große Trubel hat die Inseln zum Glück nicht erreicht. Es bleibt zu hoffen, dass der Charakter der Inseln so erhalten bleibt.

Low-Lights

Da ist an erster Stelle unser Wetterfenster und der gewählte Kurs durchs Wasser zu nennen. Wir wollten auf jeden Fall weit genug draußen sein, wenn die Windstärke über 30-40 kt stieg und und ordentliche Wellen an der Küste von Norden nach Süden trieb. Das ist uns auch gelungen, aber dennoch hatten wir in der zweiten Nacht sehr ordentliche Böen und dazu die passenden Wellen bis zu 6 m. Da wir einen idealen Kartenkurs von 270° fahren sollten um die Azoren zu treffen, war dann das Abreiten der Wellen und das hoch am Wind Segeln für Material und mehr noch für den Mensch sehr mühsam. Mit einer unerfahrenen Crew hätten wir das auf keinen Fall machen können. Klar, je näher wir an das Azoren-Hoch kamen um so ruhiger und besser sollte es werden.
Aber jeder, wirklich jeder von uns konnte sich immer nur sehr kurz unter Deck mit Navigationsaufgaben beschäftigen. Von Kochen war überhaupt keine Rede. Nach kurzer Zeit kam jeder schnaubend und schnaufend mit fahlem Gesicht wieder nach oben und atmete erst mal durch. Kurioserweise machte mir das Schlafen überhaupt keine Probleme. Denn waren die Augen erst mal zu, wurde ich auch nicht mehr Seekrank. Eine ähnliche Erfahrung hatte ich schon auf dem Törn von Dublin nach Port Ellen (Islay, Schottland) gemacht. Nur war ich damals nicht seekrank gewesen.

Ebenso ist auf so einem Törn zu erwarten, dass die Hygiene etwas höhere Anforderungen stellt. Wir haben ja nur begrenzte Wasservorräte an Bord. Deswegen war die Ansage, wenn nach dem Bergfest, also der Hälfte der Strecke im 1. Wassertank noch Wasser ist, dann dürfen wir duschen. Bis dahin macht man es einfach „griechisch-römisch“ mit Waschlappen und Handtuch. Und wenn man in der Nacht regelmäßig geduscht wird, dann ist man schon froh, wenn man sich das Gesicht mal mit Süßwasser abwaschen kann.

Bei den Toiletten oder Bord-WCs, fällt auf so einer Serien-Bavaria auf, dass die Borddurchlässe viel zu hoch angebracht sind. Dadurch zieht die Pumpe auf der Luv-Seite Luft statt Wasser und die 2. Toilette fällt aus. Dies lag natürlich an den 30° Lage, mit der wir die ganze Zeit unterwegs waren. Deswegen sind zwei WCs schon ein ganz guter Ansatz. Man käme problemlos mit einem WC aus, allerdings sollte dann der Borddurchlass so weit unten wir möglich angebracht sein. Dadurch wird die Saugleitung länger und das Ventil muss ggf. außerhalb des WC bedient werden. Aber man kann dann das WC wenigstens benutzen.

Zu guter Letzt seien die Kojen erwähnt. Bei 30° Lage braucht man schon ein sog. Lee-Segel oder ein Steckbrett, um zu verhindern, dass der jeweils höher liegende einfach auf den oder die Kojennachbarn kullert. Wenn aber ein Lebendgewicht von deutlich mehr als 100 kg auf dieses Brett drückt, dann fängt es an quietschende und karrende Geräusche zu produzieren. Bei uns drückte sich das Brett öfters mal aus den Führungsschienen und ich bin mitsamt dem Kojenbrett über meinen Kojennachbarn gerollt. Das ist wenn man gerade eingeschlafen ist und mitten in der Nacht eben auch nicht so angenehm. Spätestens nach dem dritten Mal hintereinander nervt es gewaltig. Wir haben es aber irgend wie in den Griff bekommen. Es soll hier aber deutlich betont werden, es gibt schlimmeres.

Zu guter Letzt

Würde ich es wieder tun? In den ersten drei bis vier Tagen des Törns wäre die Antwort eindeutig nein gewesen. Aber in der Zusammenschau und mit etwas Abstand kann ich wirklich ehrlich antworten und sage: Ja, auf jeden Fall!


Die kleinen Dinge, wie die Dusche im Zielhafen oder die erste warme Mahlzeit, ein warmer Tee in der Nacht oder einfach nur ein gutes Gespräch während der Wache, es gibt so viele davon, die machen die Qualität eines solchen Törns für mich aus. Die zurückgelegte Distanz ist das eine, aber die Dinge die ich wieder lernen und üben konnte, die machen es für mich aus.

In diesem Sinne,
Handbreit,
Euer Segelmichel