Von Portsmouth über Newtown Bay nach East Cowes – der „Tidal Check“

Pause im Newtown River

Heute haben wir uns aus der Port Solent Marina durch die Schleuse und den Fluss zurück bis in den Solent zurück. „Blind Navigation“ stand auf dem Programm.

Bernd meinte: Wir haben jetzt ganz starken Nebel und das GPS fällt auch bald aus. Bereite dich doch mal vor diese unbeleuchtete Tonne zu finden. Und deutete auf die Karte. Ich musste mich vorbereiten und durfte während der „Suche“ nicht an Deck, sondern nur mit meinem Steuermann sprechen.

Zweck dieser Übung, die uns im Wechsel alle sehr beschäftigen sollte, ist es, z.B. einen unbekannten Hafen ohne GPS und ohne Sicht zu finden. Klar, in England scheint ja ständig Nebel zu herrschen, zumindest bei den Yachtmaster Prüfungen.

Aber mal Spaß beiseite, das klingt nicht nur gut, sondern ist es auch. Man muss nur einen guten Steuermann noch besser briefen.

Das Geheimnis sind die Tiefenlinien in der Seekarte. Wenn ihr also Eure ungefähre Position kennt und dann noch anhand der Tidentabelle die Höhe der Gezeit ermitteln könnt, dann kann man sich an den Tiefenlinien entlang Problemlos vortasten. Wir durften diese Manöver unter Motor üben, denn beim Segeln ist man bekanntlich nicht ganz frei in der Wahl seines Steuerkurses.

Wenn man dem Steuermann eine grobe Orientierung gibt, wo es tief und auf welcher Seite es prinzipiell flach wird, dann hat man schon mal eine klare Richtung. Unter Zuhilfenahme des Tiefenmessers kann man sich dann an markanten Linien entlang tasten. Wichtig ist es hier, keine heftigen Ruderausschläge zu produzieren, sonst fährt man Zick-Zack. Also eher eine ganz grobe Richtung auf dem Kompass vorgeben und dann maximal plus oder minus 15° korrigieren lassen. Das flacht die Suchkurve schon erheblich ab.

Momentan klingt das jetzt vielleicht ein wenig „komisch“, aber es funktioniert. Bis auf eine halbe Bootslänge fuhr mein Steuermann an die Tonne heran. Wenn man dem Team dann noch genügend „Nebenziele“ gibt und in etwa anhand der Geschwindigkeit (Achtung Stromversatz!) die ungefähre Uhrzeit angibt, wann das jeweilige Ziel in Sicht kommen muss, dann kann man nicht nur selbst schön den Kurs nachvollziehen, sondern hat ständig eine Rückmeldung zur Geschwindigkeit und ggf. dem Stromversatz.

Am Nachmittag quetschten wir uns durch eine schmale Rinne in den Newtown River um eine sehr komfortable Muring-Boje als Pausenplätzchen anzufahren. Die Richtung in die Einfahrt wurde über ein „Transit Light“ bzw. eine Richtbake ausgezirkelt. Neben uns lagen teilweise Bojen auf dem Trockenen. Also eine enge Sache. Nachdem wir dann weitere Nachtansteuerungen ausgearbeitet haben, durften alle ein wenig Augenpflege betreiben. Nach einer Stunde ging es dann wieder weiter. Nun nach East Cowes. Die anderen durften noch diverse Bojen und Lichter per „Blind Navigation“ ansteuern und an mir war es dann im recht kalten Wind in Richtung Hafen zu fahren. Dies machten wir heute auf Sicht und ohne großes Tamtam. Im Hafen, der ein ganzes Stück weiter den Fluß hoch liegt als Cowes, erklärte uns Bernd einen „Tidal Check“.

Mitten im Fahrwasser auf Höhe der Stege brachte ich das Boot quer zur Fahrtrichtung mit Blick auf die Stege „zum Stehen“. Stehen ist relativ, denn wir wurden durch den Strom sehr schnell weiter Flussaufwärts getrieben.

Dadurch war klar, welche Box wir uns aussuchen konnten. Vorzugsweise eine, bei der wir gegen den Strom anlegen konnten. Denn wenn man ca. 2 kn Strom hat und um die Steuerfähigkeit zu erhalten mit mindestens 2 kn fahren muss, dann ist man bereits mit 4 kn unterwegs, wenn man mit dem Strom unterwegs ist. Und aus 4 kn Fahrt aufstoppen, und das in einer Box, dass bringt keiner ohne einen dicken Rums fertig.

Wenn wir uns also gegen den Strom bewegen, dann können wir mühelos steuern und sind mit minimaler Geschwindigkeit über Grund unterwegs. Beim Anlegen mussten wir uns also nur mit dem Rumpf in die richtige Richtung drehen und schon versetzte uns der Strom wie im Fahrstuhl wie von Zauberhand. Wohl dem, der dies kontrolliert tut und nicht plötzlich mit laut röhrendem Motor in den Steg donnert. Bei uns klappte es dank der guten Anweisungen von Bernd ganz hervorragend. Wir hatten uns dieses Mal darauf geeinigt, dass die Bugleine die wichtige ist, und als erstes festzumachen sei. Den Rest haben wir dann mit Motorkraft ausgeglichen und das Boot butterweich und sehr sauber in die Box gezirkelt. Einer bekam die Leine in die Hand, vorne fest und dann ganz in Ruhe der Rest. Ein wirklich beeindruckendes Manöver, wenn man es kann.

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