Sicherheitseinweisung und erste Nachtfahrt mit einem Kardinal

Nach einer ausgiebigen Sicherheits- und Bootseinweisung machten wir uns mit der Sturmbesegelung vertraut. Das Trysegel wird fliegend gefahren. Dadurch baut sich weniger Druck im Groß auf. Ebenso schön ist die Lösung mit der Sturmfock. Denn sie wird über der normalen Fock angeschlagen in einer Art Schlauch, der als Mantel oder Schutz den Druck auf die gesamte Fläche abgibt.Das schont nicht nur die Rollfock, sondern ist auch noch besser zu handhaben, als eine zweite Fock an einem eigenen Stag.
Das Trysegel wird über den Großbaum bedient. Sollte dieser allerdings fehlen, dann kann das Segel auch an Blöcken am Heck über zwei Schoten bedient werden. Eigentlich alles ganz einfach.

Wir durften dann auch noch einen Seeanker und einen Treibanker begutachten. Der Seeanker wird nach unserem Programm noch zum Einsatz kommen.

Bevor das Restlicht dann ganz verschwunden war, durften wir alle noch das Bootshandling üben. Aufstoppen, Wenden, mit und gegen den Strom. Anlegen am Steg, und so weiter. Nachdem wir wieder fest am Steg lagen ging es an die Planung und Vorbereitung der ersten Nachtfahrt. Piloting wird das genannt. Diese Übungen sollten und die ganze Woche noch begleiten.

Drei Dinge müssen mit Hilfe der Karte, des Stromatlas und ggf. des magischen Almanachs (Reeds Nautical Almanach 2014) in Einklang gebracht werden:

  • Peilung
  • Entfernung
  • Lichterkennung

diese Informationen sinnvoll auf eine Skizze gebracht, helfen dem Navigator für den Steuermann klare und hilfreiche Anweisungen für die Nachtfahrt zu geben. Der Rollenwechsel, denn jeder durfte auch mal Steuern, vertiefte das Verständnis enorm.

Mal klangen die Anweisungen wie direkt von Cassandra, dem Orakel von Delphi, mal waren sie ganz brauchbar und gut umsetzbar. Wir waren ja nicht bei der Prüfung, sondern wir übten noch. Besonders lustig war die Ausschau nach einem östlichen Kardinal (Osttonne, allgemeines Gefahrenzeichen, drei Blitze, Kardinalzeichen) mir kamen sofort die Bilder des ehemaligen Kardinals Voitila oder auch von Kardinal Glemp in den Sinn. Aber diese noblen Herren waren hier wirklich nicht gemeint. Aber da muss man(n) in dunkler Nacht und im kalten Wind auch erst mal drauf kommen.

Ich durfte eine Aussage zur Durchfahrtshöhe unter der Itchen Bridge, auf dem Weg nach Southamton machen. Die Durchfahrtshöhe auf der Karte wird immer nach HAT (Highest Astronomical Tide) angegeben. Ich bin erst vom Kartennull und der Höhe der Gezeit ausgegangen und war wunderbar auf dem Holzweg. Aber dann nochmals kurz gerechnet, es sollten also noch ca. 4 Meter Reserve zwischen Masttop und Brücke sein. Wir haben von Unten mit einer starken Lampe die Mastspitze angeleuchtet und das sah verdammt knapp aus. Aber von unten scheint auch die Öresundbrücke den Mast zu berühren. Einfach eine „schreckliche“ optische Täuschung. Wir kamen also ohne Probleme unter der Brücke durch und auch wieder zurück in den Solent. Naja ganz ohne Probleme nicht, denn wenn man eine Funzel von einem Seezeichen vor einer Industriekulisse mit hellen und hellsten Lampen im Hintergrund sucht, dann wird das schon sehr spannend. Wenn wir mal ganz daneben lagen, dann hat uns unser Skipper Bernd Reese mir hilfreichen Fragen wieder auf den rechten Weg gebracht. Wir waren ja auch nicht unbedingt alleine unterwegs. Auf dem Solent geht es Nachts auch noch zu wie auf dem Stachus. Schnellfähren mit lapidaren 40 kn, die einfach so auf einen zuschießen, Tanker und Frachter, die wie Hochhäuser, nur eben viel länger, an einem vorbei gleiten. Das hieß aufpassen, wie ein „Heftlemacher“ oder wie ein Schießhund. Nachdem wir den Verkehr und die weiteren Kardinäle hinter uns gelassen hatten war endlich unser Ziel in Sicht.

Genau gegenüber fuhren wir dann in den River Medina und legten im berühmten Cowes an um ein sehr spätes Abendessen zu uns zu nehmen.

Doch dazu später mehr!

Handbreit,
Euer Segelmichel

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